Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion, liebe Journalisten und Mitarbeiter der Augsburger Allgemeine,
letzte Woche ging es in unserem Brief um die Ziffer 1 des Pressekodex: Die Achtung vor der Wahrheit und die Wahrung der Menschenwürde. Eigentlich wollten wir heute mit Ziffer 2 weitermachen, jedoch gab es eine besondere für die Presse relevante Veröffentlichung. Deswegen geht es in der 36. Woche des Medienmarathons der Bürgerinitiative Leuchtturm Arbeitsgemeinschaft Redlicher Diskurs um Drucksache 20/5822 des Bundestags: Zahlungen von Bundesministerien an Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und privatrechtlicher Medien.
Aufgelistet sind hier in anonymisierter Form alle Journalisten, die in dieser Wahlperiode bereits Zahlungen durch Bundesministerien erhielten, mit Ausnahme von Aufträgen durch den Bundesnachrichtendienst. Insgesamt fast 1,5 Millionen Euro gingen dabei an Vertreter der vierten Säule der Gewaltenteilung, private Medien erhielten davon rund 597.000 Euro.
Zuerst einmal möchten wir uns bei Ihren Journalisten dafür bedanken, dass zumindest unter den veröffentlichten Zahlungsempfängern niemand aus der Augsburger Allgemeine mitgemacht hat. Das ist großartig, denn damit stehen Ihre Journalisten im Gegensatz zu vielen Kollegen anderer Medien zur Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Presse.
Leider scheint dies nicht selbstverständlich zu sein. Denn viele Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und anderer Medienunternehmen ließen sich entgegen der ausdrücklichen Warnung des Pressekodex vor solchen Fremdtätigkeiten durch die Bundesregierung und Ihre Ämter bezahlen.
Der Schaden für die Presse ist immens, denn wie sollen diese Journalisten nach einer solchen Vorteilsannahme ihrer Kontrollfunktion nachgehen und wenn nötig Kritik üben? Ob die gezahlten Preise von teilweise mehr als 6000€ für einen Tag Moderation gerechtfertigt sind oder nicht, für die entsprechenden Medien, ja sogar für die gesamte Medienlandschaft bedeutet dies einen immensen Vertrauensverlust.
Wir wissen, dass die Augsburger Allgemeine natürlich keinen Einfluss auf die Fehlentscheidungen von Journalisten anderer Medienunternehmen hat. Schön wäre es aber, wenn Sie hier in Augsburg dieses Thema aufgreifen würden und mit Ihrer Reichweite das Ergebnis der Anfrage veröffentlichen und Kritik an allen Beteiligten üben würden. Sie würden damit nicht nur Ihrer Kontrollfunktion der Regierung als vierte Säule der Gewaltenteilung nachkommen, sondern auch dafür sorgen, dass die anderen Medien sich an ihren demokratischen Auftrag und den Pressekodex halten. Sie als Augsburger Allgemeine könnten dadurch der Glaubwürdigkeit des Journalismus einen erheblichen Dienst erweisen.
Sehr gerne möchten wir mit Ihnen ins Gespräch kommen. Denn obwohl wir jeden Montag um 17:00 und jeden Samstag um 15:30 vor Ihrem Haus in der Maximilianstraße stehen und auch viel Kritik üben, sehen wir vor allem im Vergleich mit anderen Medienunternehmen das erhebliche gesellschaftliche und demokratische Potential, das die Augsburger Allgemeine für eine wahrhaftige Zukunft entfalten kann.
Mit freundlichen Grüßen,
im Namen aller Mitstreiter für unsere gemeinsame Zukunft,
Bis denmächst.
Quelle: Drucksache 20/5822 des Bundestags: Zahlungen von Bundesministerien an Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und privatrechtlicher Medien (PDF)